1. Vorbemerkungen

1.1 Wozu dieser Experimentalkurs?

Operationsverstärker gehören schon seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Bausteinen der Elektronik. Insofern verwundert es nicht, dass es an Literatur und Informationen (z.B. im Internet) nicht mangelt. Da stellt sich natürlich die Frage, wozu solch ein Einführungskurs noch gut sein soll.

Diese Frage kann ich nur subjektiv beantworten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der sachgerechte Umgang mit Operationsverstärkern vor allem das Verständnis der grundsätzlichen Funktionsweise voraussetzt. Mit Formeln alleine ist es ebensowenig getan wie mit einer Handvoll buntgemischter "Praktikertipps". Das Verständnis des Operationsverstärkers wird vor allem durch bestimmte Denkweisen begünstigt, die Schritt für Schritt aufgebaut werden müssen, am besten auf experimentellem Wege.

Unter dieses Aspekten schrumpft die oben angesprochene Informationsfülle schon ganz erheblich. Es kommt aber noch ein persönliches Argument hinzu. Nachdem ich mich vor längerer Zeit sporadisch mit dem Operationsverstärker befasst habe, bin ich nun dabei, das Wissen erneut aufzuarbeiten und zu strukturieren. Nichts ist dabei nützlicher, als die Dinge in einer geordneten und verständlichen Form aufzuschreiben. Warum also nicht gleich so, dass andere u.U. daran teilhaben können?

1.2 An wen richtet sich dieser Kurs?

Es ist eindeutig ein Anfängerkurs. Wer bereits Schaltungen mit Operationsverstärkern entwickelt hat, kann den Kurs getrost ignorieren und sich bei evtl. noch offenen Fragen die Antworten im Internet oder in der Literatur holen. Wer aber noch keine Beziehung zum Operationsverstärker hat, könnte mit Hilfe des Kurses einen Zugang finden. Natürlich dürfen sich auch Hobby-Elektroniker, die Operationsverstärker lediglich "blind" in eine vorgefertigte Platine gelötet haben, getrost als Anfänger betrachten.

Andererseits ist der Kurs nicht voraussetzungslos. Grundlegende Kenntnisse im Bereich der Elektronik sollten vorhanden sein. Es kann nicht Aufgabe dieses Kurses sein, die Funktion eines Transistors oder die Handhabung eines Messgerätes zu erklären. Außerdem wird die sichere Beherrschung der einfachen elektrischen Gesetze, insbesondere des Ohmschen Gesetzes, vorausgesetzt.

1.3 Was wird benötigt?

Eine vollständige, genaue Liste der erforderlichen Bauteile kann es im voraus noch nicht geben, zumal nicht abzusehen ist, wo der Kurs schließlich enden wird. Vor allem die Kleinteile wie Widerstände, Kondensatoren, Transistoren usw. lassen sich schlecht einzeln aufführen. Aber ich denke, dass solche Dinge schon vorhanden sind. Nun zu den anderen Voraussetzungen:

1. Zunächst einmal gebrauchen Sie ein Gerät, auf dem Sie die Versuchsschaltungen aufbauen können. Nach gründlichem Abwägen der verschiedenen Möglichkeiten bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass sich für diesen Zweck die Steckplatinen am besten eignen. Sie sind relativ preiswert, universell zu verwenden und erfordern wenig Aufwand, um sie einsatzfähig zu machen. Vielleicht werfen Sie einen Blick auf die Seite, wo ich den Ausbau von Steckplatinen zu einem kleinen Experimentiergerät beschrieben habe.

2. Unerlässlich ist ferner ein Messinstrument, das fast ausschließlich als Voltmeter eingesetzt wird. Obwohl ich Analoginstrumente prinzipiell für besser halte (man kann damit Messwertänderungen viel anschaulicher verfolgen oder auch Messgrößen bequemer einstellen), schlage ich in diesem Fall ein Digitalmultimeter vor. Grund: Digitalinstrumente können in der Regel sowohl positve als auch negative Spannungen anzeigen, ohne dass das Gerät umgestöpselt werden muss. Das kann deshalb vorteilhaft sein, weil Operationsverstärker meistens mit einer positiven und negativen Versorgungsspannung arbeiten.

3. Damit ist die Stromversorgung angesprochen. Wie gesagt, wird der Operationsverstärker in den Versuchsschaltungen meistens "dual" versorgt, und zwar mit den Spannungen +12 V und -12 V. Wenn Sie über ein Doppelnetzgerät verfügen, ist das Problem schon gelöst. Es ist aber auch nicht schwierig oder sonderlich aufwendig, ein Netzteil von +/- 12 V zusammenzulöten. Mit einem Printtrafo und Festspannungsreglern kann das Netzteil schnell auf einer Streifenrasterplatine aufgebaut werden. Wenn auch das nicht in Frage kommt, können Sie sich mit zwei Steckernetzteilen von 12 V behelfen, die einfach zu einer dualen Spannungsquelle zusammengeschaltet werden. - Notfalls können Sie sogar Batterien oder Akkus verwenden, doch die vorgeschlagene Spannung von +/- 12 V sollten Sie nach Möglichkeit einhalten.

4. Natürlich wird ein Operationsverstärker benötigt. Ich habe mich für den Typ LM 324 entschieden. Obwohl sich die Schaltungen prinzipiell auch mit anderen Typen aufbauen ließen, empfehle ich, den vorgeschlagenen Typ zu benutzen, weil ich mich an einigen Stellen auf das Datenblatt beziehe. Der LM 324 besticht nicht durch hervorragende Leistungsmerkmale, hat aber einige Eigenschaften, die ihn besonders geeignet erscheinen lassen:

  • Es ist ein Vierfach-Operationsverstärker, wir können deshalb alle Versuche mit einem einzigen IC durchführen. Das spart Platz und Verbindungsleitungen (z.B. für die Stromversorgung).
  • Der LM 324 ist außerordentlich preisgünstig. Er kostet etwa 50 - 60 Cent, was einem Preis von etwa 15 Cent pro Operationsverstärker entspricht.
  • Der LM 324 hat einen kurzschlussfesten Ausgang und ist intern kompensiert.
  • Nicht zuletzt: Das IC hat eine sehr einprägsame und übersichtliche Anschlussbelegung. Schon nach kurzer Zeit kennt man die Anschlüsse auswendig.

5. Dann noch einige spezielle Bauteile, die wahrscheinlich (aber eben nicht sicher) schon vorhanden sind:

  • Einige Standardwerte von Potis (1 k, 10 k, 100k)
  • Z-Diode (etwa 6 Volt, kann ruhig etwas mehr oder weniger sein)
  • Glühlämpchen 6 V / 50 mA (es sollte genau dieser Typ sein)
  • Leistungstransistor mit Kühlkörper (BD139, TIP31 o.ä.)
  • Fotowiderstand (nahezu jeder dürfte geeignet sein)
  • Lautsprecher (irgendein Ausbauteil, es kommt nicht auf Leistung und Qualität an)

6. Wenn Sie die Wechselspannungsversuche durchführen möchten, kann ein durchstimmbarer Funktionsgenerator ganz nützlich sein. Bitte erschrecken Sie nicht, das muss kein voll ausgebautes Gerät für den Messplatz im Labor sein, sondern es reicht der XR 2206, ein IC, das etwa 6 Euro kostet. Mit einem halben Dutzend Bauteilen drumherum kann man es auf der Steckplatine zu einem maßgeschneiderten Funktionsgenerator zusammenschalten. Ein Oszilloskop in Verbindung mit dem Funktionsgenerator wäre natürlich schön, aber das muss nicht sein.

7. Schließlich müssen sie bei den NF-Versuchen irgendetwas Hörbares haben. Ein einfachsten geht es über den Computer, bei dem sie den Line-Out-Ausgang benutzen. Ebenso können Sie den Kopfhörerausgang des MP3-Players anzapfen.

Hinweis: Ich kann weder für die Vollständigkeit der Liste garantieren noch dafür, dass alle genannten Bauteile wirklich benötigt werden. Dieses ist kein geschlossenes Buch, sondern ein dynamischer Internetbeitrag, an dem ständig gearbeitet wird. Wie sagt man so schön: technische Änderungen vorbehalten.

1.4 Einige Anmerkungen zur Methode

Wann immer es geht, werden die Zusammenhänge experimentell erarbeitet. Die Versuche werden aber nur durch die Schaltbilder beschrieben. Darstellungen von Versuchsaufbauten wird es nicht geben, und zwar aus zwei Gründen:

  • Versuchsaufbauten auf Steckplatinen lassen sich nur sehr schwer skizzieren. Wenn auch nur ein Bauteil von den Abmessungen her nicht der Vorlage entspricht, kann es geschehen, dass alles anders angeordnet werden muss.
  • Aufbauskizzen verleiten zum mechanischen, unüberlegten Nachbau. Das ist aber etwas, was wir hier am wenigsten gebrauchen können.

Ein Hinweis noch zu den Versuchen: Die Schaltungen sind ganz bewusst so einfach wie eben möglich gehalten. Nichts soll dem Verständnis der Schaltungen im Wege stehen. So kommt es wiederholt vor, dass eine Schaltung nicht so optimal arbeitet, wie man es sich vielleicht wünscht. In der Regel wird dann aber in vertiefenden Abschnitten darauf hingewiesen, warum es hakt und wo es Ansätze zur Verbesserung gibt.

Wichtige Zusammenhänge, die man sich vor allem für das weitere Vorgehen merken sollte, stehen neben einem roten Balken.

Ein blauer Balken kennzeichnet Abschnitte, die zur Vertiefung dienen. Für das unmittelbare Verständnis der Versuche sind diese Abschnitte nicht unbedingt erforderlich.

Der grüne Balken verweist auf Abschnitte, die Anregungen zum Überlegen und Weiterexperimentieren enthalten. Hier gibt es Gelegenheit, selber etwas zu planen oder auszurechnen.

Der gelbe Balken schließlich verweist auf eingestreute Theorieseiten. Sie können ohne weiteres übersprungen werden.


Abschließend ein Blick auf das Universal-Schaltpult, mit dem ich die Schaltungen zu dem Kurs plane und ausprobiere. Es ist etwas komfortabler als das "kleine Experimentiergerät", aber ich denke, diesen "Komfortvorsprung" darf ich mir zugestehen. Die Versuche werden auch hier auf Steckplatinen aufgebaut.

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