Beständigkeit - Der rote Faden

Ich weiß nicht genau, wie viele Auflagen des Radiomanns es gab, 20 waren es bestimmt. Von dem Radiomann, mit dem ich als Kind experimentiert habe, ist außer der Röhre DM300 und den Erinnerungen nichts mehr übrig geblieben. Aber ich besitze das Anleitungsbuch zur 4. Auflage, das als Jubiläumsnachdruck dem "Neuen Radiomann" beigefügt war. Und ich habe noch die Anleitungsbücher zur 18. Auflage. Diese beiden Bücher bzw. Hefte erlauben zwei Momentaufnahmen. Das eine Anleitungsbuch (1940) reicht zurück in die Anfangszeit des Radiomanns, das andere (1965) zeigt die Situation der letzten Jahre dieses Experimentierkastens.

Dazwischen liegt eine Zeitspanne von 25 Jahren. Es versteht sich, dass der Kasten in dieser langen Zeitspanne einigen Veränderungen unterworfen war. Die gravierendste Änderung war zweifellos die Einbindung von Transistoren, wodurch die Röhre in den Hintergrund geriet. Gleichzeitig wurde mit der EF98 ein anderer Röhrentyp verwendet. Auch äußerlich änderte sich zu diesem Zeitpunkt das Bild des Radiomanns. Anstatt der Grundplatte aus Buchenholz wurde nun eine Kunststoffplatte eingesetzt, und die Messingklemmen mit den Rändelschrauben mussten Federkontakten weichen, die ein wenig an die Schleifen in einem Schnürsenkel erinnnern. Nicht zuletzt wurde eine andere Spulenform verwendet. Anstelle der Flachspulen kamen nun Zylinderspulen zum Einsatz.

Doch mein Interesse gilt gar nicht so sehr den Veränderungen. Ich suche vielmehr die rote Linie, das, was die ganze Zeit über Bestand hatte und somit als unveränderliches Kennzeichen des Radiomanns gelten kann. So blättere ich denn in den beiden Anleitungsheften und vergleiche. Ja, es gab einige Dinge, die von Anfang bis Ende dabei waren. So zum Beispiel der Folienkondensator, der in unvergleichlich anschaulicher Weise das Bauprinzip eines Kondensators veranschaulichte.

Links: Der Kondensator in der 4. Auflage; rechts: 18. Auflage.

Bei mir sah dieses Bauteil schon bald recht ramponiert aus. Bei meiner Vorliebe für Stabilität klemmte ich sie wohl zu fest ein, so dass die Schrauben ihre deutlichen Spuren hinterließen.

Ein anderes, "ewiges" Bauteil war der Drehkondensator, im Grunde ein einfacher "Quetschling" mit einer einzigen Rotorplatte, der die erforderliche Kapazität aus der Plattengröße bezog. Man konnte ihn ganz auseinandernehmen.


Auch den hochohmigen Notausgang für die Elektronen auf dem Gitter, den "rettenden Bleistiftstrich", gab es von Anfang bis Ende. Im Buch zur 18. Auflage wurde er allerdings nur noch als Alternative angeboten, ansonsten wurde empfohlen, doch besser den beigefügen 2M-Widerstand zu verwenden.


Schließlich, nicht zu vergessen, gab es noch den Pappstreifen mit dem Widerstandsdraht. Ich glaube, er hatte einen Widerstand von 27 Ohm, ein echter Batteriekiller also, wenn man ihn als Potentiometer verwendete. Aber man konnte den Draht so schön sehen, und wenn ich mich recht erinnere, wurde er auch warm.


Damit wird der rote Faden, nach dem ich suche, bereits sichtbar. Die genannten Bauteile haben nämlich eines gemeinsam: Ihnen liegen ganz elementare Konstruktionen zugrunde. Bei ihnen ist nichts gekapselt oder verborgen - sie gestatten den unmittelbaren Einblick in ihre Funktionsweise. Ähnliche Bauteile hat es bei keinem anderen Experimentiersystem gegeben.

Ich suche weiter, nach typischen Versuchen. Die Schaltungen änderten sich natürlich im Laufe der Jahre, einmal durch die Transistorisierung, zum anderen infolge der notwendigen Anpassung an den anderen Röhrentyp. Aber bei den Vorversuchen werde ich fündig. Ein Beispiel ist der "Funkenerzeuger", dieser breitbandige Störsender. Im Anleitungsbuch wurde gerade erklärt, dass jeder Funke hochfreqente Schwingungen erzeugt, die sich als Wellen ausbreiten. Aber diese Wellen können nicht gehört werden, wie die dazugehörige, einfache Empfangsschaltung nachweisen soll. Es ist nur ein Knacken zu vernehmen.



Auch diese Vorversuche, die in gleicher oder zumindest ähnlicher Form in allen Auflagen des Radiomanns anzutreffen sind, sind überaus typisch. Sie zeigen sehr deutlich, dass es bei den Versuchen zunächst darum ging, den elektromagnetischen Wellen mit einfachsten Mitteln auf die Spur zu kommen. Radioempfang war auf dieser Vorstufe noch nicht vorgesehen. Dahinter steckte das Konzept des Autors, dass offensichtlich während der gesamten Lebenszeit des Radiomanns Bestand hatte. Dass die Versuche im hinteren Teil des Lehrgangs im Laufe der Zeit angepasst und erweitert wurden, ist eher nebensächlich - die Basis blieb gleich.

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